Über die Kakaobohne

Beim Zerteilen einer Kakaofrucht quillt das aromatische, süß­säuerliche Fruchtfleisch, Pulpa genannt, hervor. Frisch erinnert sie in ihrem Geschmack an Pfirsich und Litschis, mit einem Geschmack von Honig und Vanille, aber schon nach wenigen Stunden schmeckt sie bitter und ist nicht mehr essbar. Im Fruchtfleisch liegen je nach Kakaosorte 20 bis 60 Samen, die Kakaobohnen. Während das Fruchtfleisch die Delikatesse ist, sind die Kakaobohnen bitter. Die Farbe der Bohnen lässt noch keine Assoziationen mit dem Endprodukt aufkommen: Weiß bis zartrosa sind die hochklassigsten unter den Kakaosorten, andere erinnern in der Farbe an Kirschblüten und blühende dunkle Baccara-Rosen, der weit­aus größte Teil ist dunkelviolett.

In der Kakaobohne steckt hochwertiges pflanzliches Fett, die Kakaobutter. Sie macht mit über 50 Prozent den Hauptbe­standteil der Nährwerte aus, dazu kommt eine Vielzahl wert­voller Mineralien. Zu etwa 1,2 Prozent enthält die Bohne Theobromin, ein dem Koffein verwandter und ebenso anregen­der Stoff, und Phenylethylamin, das Amphetaminen ähnlich auf das zentrale Nervensystem einwirkt. Es ist für die Glücksge­fühle verantwortlich, die durch das Essen von Schokolade aus­gelöst werden.

Ihre Aromen und die typische Farbe erhalten die Kakaobohnen erst nach sorgfältiger Verarbeitung. Die beginnt bereits bei der Ernte, die noch in Handarbeit erfolgt. Mit Macheten oder mit an langen Stielen befestigten Messern werden die Schoten von den Bäumen geschnitten. Das ist nicht nur eine körperlich anstrengende Arbeit, sondern erfordert viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, um reife Schoten von unreifen zu unterscheiden. Anschließend werden die Schnittstellen an den Pflanzen versiegelt, damit sich neue Blüten bilden können. Die Früchte kommen in Körben zu einem Sammelpunkt, wo Lohnarbeiter mit langen Macheten und geübten Fingern die Schoten öffnen, ohne die Samen zu beschädigen, dabei quillt die Pulpa hervor. Mit den Fingern werden Fruchtmark und Kakaobohnen in große Körbe geleert und die Schoten als Viehfutter verwendet.

Die Fermentation der Kakaobohnen

Die Fermentation ist ein Gärprozess und gleicht einem kleinen Wunder. Plötzlich erahnt man, was aus bitteren Kakaobohnen einmal entstehen kann. Denn durch die Fermentation kommt es nicht nur zur Ablösung des Fruchtfleisches von den Bohnen, sondern durch die Gärung reduzieren sich die Gerbstoffe und entwickeln sich die Aromen.

Nach dem Leeren der Kakaoschoten bereiten die Arbeiter die Bohnen zur Fermentation vor. Je nach Größe der Plantage häufen die Kakaobauern Bohnen und Fruchtfleisch auf Bananenblätter und bedecken sie damit. Oder sie füllen die Bohnen in Körbe und decken diese mit Bananenblättern ab. Auf größeren Plantagen kommen so genannte Fermentations­kisten zum Einsatz. Das sind große im Boden durchlöcherte Holzkästen, die ohne Nägel und Schrauben ineinander gesteckt und stufenweise aufgebaut werden.

Das Wichtigste bei der Fermentation ist eine sehr süße, also reife Pulpa und eine regelmäßige Sauerstoffzufuhr. Durch den hohen Zuckergehalt der Pulpa und die tropische Wärme setzt der Gärungsprozess fast unmittelbar nach der Öffnung der Früchte ein. Zunächst wird bei etwa 35° ein Teil des Zuckers in Alkohol umgewandelt. Bakterien setzen dann die Essigsäure­gärung in Gang, bei Temperaturen zwischen 50 bis 52° entsteht ein brauner, unangenehm riechender Brei. Die Bohnen müssen zwischendurch immer wieder gewendet und umgeschichtet werden, damit sie gleichmäßig fermentieren. Hiervon hängt ihre Qualität ab. Das ist wie beim Wein: Bereits auf dem Feld, bei der Ernte und in jedem weiteren Produktionsschritt ent­scheidet sich, ob daraus später ein Gourmetkakao oder ein Billigprodukt entsteht.

Trocknung der Kakaobohne

Wenn bei der Fermentation nach zwei bis acht Tagen – je nach Kakaosorte – endlich die schokoladenbraune Farbe sichtbar wird, muss die Fermentation gestoppt werden. Sonst entsteht Buttersäure, die den Geschmack der Bohne erheblich beein­trächtigt.

Zu diesem Zeitpunkt sind die Kakaobohnen sehr feucht und voll gesogen mit dem Saft des Fruchtfleisches. Damit sie nicht ver­derben, weiterhin Bitterstoffe verlieren, sich alle Aromen voll­ständig entwickeln und sie ihre endgültige Farbe annehmen können, werden die Bohnen auf dem Boden oder in speziellen flachen Holzkästen so lange zum Trocknen in der tropischen Sonne ausgelegt, bis sie nur noch sechs bis sieben Prozent Feuchtigkeit enthalten. Das kann zwei bis drei Tage, manchmal bis zu einer Woche dauern. Dabei müssen die Bohnen regelmä­ßig gewendet und vor Regen geschützt werden. Große Plantagen setzen zur Sicherheit rollbare Kästen ein, die in der Nacht und bei Regenfällen unter Trockendächer geschoben werden können.

Das Trocknungsverfahren ist für das Aroma sehr entschei­dend. Viele Plantagen, die Konsumkakao anbauen, trocknen nicht mehr in der Sonne, sondern in Trockenräumen, die mit Heißluft erwärmt werden. Das verändert die Struktur der Kakaobohne – und damit das Aroma. Werden die Bohnen über dem offenen Feuer getrocknet – eine Arbeitsweise, die auf Java gepflegt wird – bekommen die Kakaobohnen einen geräu­cherten, schinkigen Beigeschmack, der auch später in der Schokolade zu schmecken ist.

Je zurückhaltender und langsamer die Bohnen getrocknet werden, desto besser können sich die Aromen des Kakaos entwickeln. Ist der Prozess abgeschlossen, werden Proben genommen: Die Bohnen sind dann ein wenig geschrumpft und ein Schnitttest zeigt, dass sie fertig getrocknet sind. Sie werden in Jutesäcke verpackt ver­schifft und gelangen so zum Ort der Verarbeitung.

Der Kakao wird lange vor seiner Ernte an den großen Warenterminbörsen, vor allem in London und New York, gehandelt, so dass Hersteller ihren Bedarf rechtzeitig sichern können. Das hat aber auch zur Folge, dass sie die Qualität der Ware nicht immer kontrollieren können. Edel-Schokoladen-Hersteller gehen daher in den letzten Jahren anders vor: Sie besuchen selbst die Plantagen, beobachten Anbau- und Wachstums­bedingungen, überprüfen Fermentation und Trocknung. Das hat für alle Beteiligten Vorteile: Die Hersteller erhalten genau die Qualitäten, die sie brauchen, die Plantagenbesitzer und damit auch die Lohnarbeiter werden meist besser bezahlt. Auch Kleinstbauern profitieren von diesem System, haben sie doch sichere Abnehmer für ihren Kakao, solange sie eine gute Qualität liefern.

1 Kommentar zu „Über die Kakaobohne“

  1. Da kann man wirklich noch was über den Kakao lernen … finde das Thema interessant und wollte eh mal etwas mehr in Richtung Kakao-Cocktails bloggen, weil es dazu aktuell noch nicht wirklich viel gibt.
    Ein paar Anregungen hol ich mir mal hier, wenn es recht ist 😉

    Gruß Martin

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